Weltweit einzigartig: Am International Shoe Competence Center lernt die ganze Branche, wie man Schuhe fertigt.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Bastelstunde. Gyöngyi Erdei sitzt mit Papier, Klebestreifen und einem Cutter-Messer am Tisch. Nur der blaue Schuhleisten vor ihm auf dem Tisch lässt erahnen, was hier entsteht. Seit vier Tagen ist der Ungar in Pirmasens. Sein Arbeitgeber Ricosta, ein Produzent von Kinderschuhen, hat ihn und drei Kollegen zu dieser Fortbildung ans International Shoe Competence Center (ISC) geschickt. Am Endes des neunwöchigen Kurses wird Erdei einen Herrenschuh komplett selbst gemacht haben.

Gyöngyi Erdei kommt aus Ungarn zu einem neunwöchigen Intensivkurs nach Pirmasens.

Die Schuhe, die am ISC entstehen, kommen nicht in den Handel. Die Zeiten, in denen in Deutschland Schuhe für den Massenmarkt produziert wurden, sind längst vorbei. Nur noch drei Prozent der Produktion findet heute laut Zahlen der Schuhindustrie in Europa statt. Kaum ein Ort hat die Verlagerung der Fabriken ins Ausland schmerzhafter erfahren müssen als Pirmasens. Viele Jobs sind deshalb verschwunden. Geblieben aber ist das Wissen über den Schuh.

Darauf fußt das Geschäftsmodell des ISC. „Die Schuhfirmen schicken Mitarbeiter zu uns, die bei ihren Betrieben vorher nur an bestimmten Maschinen standen. Vom Rest des Fertigungsprozesses wissen sie wenig“, sagt Geschäftsführer Uwe Thamm. „Wenn die Leute wieder nach Hause fahren, sind sie ganz anders qualifiziert.“

„Es gibt auf der ganzen Welt keine vergleichbare Einrichtung“, sagt Uwe Thamm, Geschäftsführer des ISC.

Seit 2008 gibt es das ISC. Nach einer Anschubfinanzierung durch das Land Rheinland-Pfalz trägt es sich inzwischen selbst. Thamm sagt: „Es gibt auf der ganzen Welt keine vergleichbare Einrichtung.“ Zu seinen Kunden zählen Marktführer Adidas, Nike und Geox. Die Teilnehmer der Kurse kommen aus der ganzen Welt, um in Pirmasens etwas über das Handwerk der „Schlabbefligger“ zu lernen. Franzosen, Thailänder oder Amerikaner sind genauso dabei wie Deutsche. Es gibt einen Markt für das Pfälzer Know-How: „Wir sind im Moment ausgebucht und haben Aufträge bis Ende 2018“, sagt Thamm.

Jeder Kunde erhält ein speziell zugeschnittenes Programm für seine Mitarbeiter. Das kann wie bei Gyöngyi Erdei und seinen Kollegen ein neunwöchiges Intensiv-Training sein. Andere buchen nur einen dreitägigen Crashkurs. Zum Beispiel Online-Versandhändler wie Zalando. Sie schicken ihre Arbeitnehmer zum ISC, damit ihnen dort erklärt wird, wie das Produkt Schuh hergestellt wird, das sie verkaufen. In einer großen Halle stehen dafür alle Maschinen bereit, die bei der modernen Schuhproduktion eingesetzt werden. Daneben nutzt die Deutsche Schuhfachschule die Geräte zur Ausbildung zum staatlich geprüften Schuhtechniker.

Beim ISC sind sie realistisch: Schuhe für den Massenmarkt machen heute die anderen. Aber das heißt ja nicht, dass in Pirmasens die Maschinen stillstehen müssen.