Pirmasens, wir müssen reden. Wir sind nicht gekommen, um zu bleiben, sondern um zu gehen. Aber hey, es war echt ganz nett mit dir. Netter als erwartet. Kein Auto weit und breit, nur Vogelgezwitscher. Beim nächstbesten Imbiss haben wir Falafel gekauft und uns gewundert, wie gut die schmecken. Das Grün im Strecktalpark, der Blick auf die Brücke. Pirmasens, bist du’s wirklich? „Ajooo“, säuseltest du uns ins Ohr. Dieser Dialekt! Gemütlicher kann man kaum sprechen. Und dann: das erste Spaghettieis des Jahres im Eiscafé Venezia. Eine Frau beschallte die Fußgängerzone mit Karnevalsmusik aus dem Ghettoblaster. Damit hattest du uns.

Wir haben ja so viel Schlechtes über dich gehört. Arm seist du, haben sie gesagt, aber doch nicht sexy. Trotzdem fanden wir Berliner Verhältnisse vor: Du lässt deinen Müll einfach auf der Straße liegen. Wie praktisch! „Aha, hier steht wieder das kaputte Kinderbett. Dann müsste da vorne gleich die Winzler Straße beginnen.“ So hangelten wir uns durch deine Viertel. Hin und wieder blieben wir vor bröckelnden Fassaden stehen und schossen Fotos. Hashtag: Vergänglichkeit. Du bist keine Bilderbuchstadt. Du bist eine Stilllebenstadt. „Memento mori“, steht in unsichtbarer Schrift auf deinen Häuserfronten. Bedenke, dass du sterblich bist. Mit anderen Worten: Räumungsverkauf. Zu vermieten. Wir bedanken uns für die Treue.

Scheiße, Pirmasens, du hast echt was durchgemacht. Das konnten selbst die Menschen nicht verhehlen, die uns vorgesetzt wurden von der Presseabteilung der Stadt. Aber deine Bewohner haben uns auch gezeigt, dass sich da was tut. Dass da Leute anpacken und nicht rumjammern. Denn das macht eine Stadt echt nicht sexy: anderen die Schuld dafür geben, dass es nicht läuft. AfD-Wählen ist nicht sexy. Und NPD sowieso nicht. Die Schuhindustrie werden diese Labbeduddel nicht zurückholen.

Pirmasens, freu dich lieber über die, die nach langer Flucht hier angekommen sind. Die auf die Frage, was ihnen an Pirmasens gefällt, voller Inbrunst sagen: „Alles!“

Ach, was fällt uns ein, dir zu erzählen, wie du dich zu entwickeln hast? „Wo drückt der Schuh?“, mit dieser Frage sind wir angereist. Aber, mal ehrlich, wir haben den Schuh nur mal kurz anprobiert. Pirmasens, du weißt doch selbst am besten, wo es drückt. Und wie man Schuhe repariert, weißt du auch. Also, mach was draus.